Bukoba Teil 3 - Der Massai Frisör

Jetzt folgt mein persönlicher Höhepunkt des Tages, ein Frisörbesuch in einem Salon namens "Nice and lovely". Er wird angeblich von einer Massai geführt und wurde mir wärmstens empfohlen. Ich möchte mir, wo ich schon mal hier bin und Zeit habe, eine typisch afrikanische Frisur verpassen lassen: eng am Kopf geflochtene Zöpfe, die dann in einem Pferdeschwanz, bestehend aus ganz vielen kleinen Zöpfchen enden. Die Prozedur dauert je nachdem 4-8 Stunden und soll nicht gerade wenig schmerzhaft sein. Wurscht! Geduld habe ich jetzt geübt, Zeit habe ich auch und Schmerzen kann ich ertragen. Als ich den Laden betrete, sind wieder alle Augen auf mich gerichtet. Als ich mein Anliegen vorbringe, werde ich gleich an eine bestimmte Frau verwiesen. Sie ist die einzige, die mit den seidigen "Mzungu-Haaren" umgehen kann, höre ich. Die Verständigung ist umständlich, aber zum Schluss denke ich, sie hat einigermaßen verstanden, wie ich später aussehen möchte. Wir suchen Kunsthaare aus, ohne die es angeblich nicht geht und Perlen, um die Zopfenden zu schmücken. Nicht ganz ohne mulmiges Gefühl setze ich mich schließlich in den Stuhl. Schnell stellt sich allerdings heraus, das der Stuhl für die Frisösin bestimmt ist und ich auf einem Sitzkissen aus Schaumgummi zu ihren Füßen sitze. Nach ausgiebier Begutachtung des Arbeitsmaterials (meiner Haare) und viel Palaver mit den Kolleginnen, geht es endlich los. Sie fängt rechts über dem Ohr an. Ein dünner, ein dickerer Zopf - immer abwechselnd. In die dickeren werden die Kunsthaare eingeflochten. Dass ich auf dem Boden sitze und nicht sehen kann, was sie da macht und wie es voran geht, macht mich ganz kribbelig. Plötzlich sagt sie, die Haare wären alle. Sie müsse los und Neue holen. Ich könnte mich ja so lange in den Stuhl setzen. Und weg ist sie. Ich denke noch, dass sich das kaum lohnen wird, weil sie ja wohl nur kurz mal eben ins Lager gehen wird. Denkste! Eine gute halbe Stunde vergeht, ohne dass sie wieder auftaucht. Ich bin froh, mein Buch dabei zu haben. Ich lese gerade "Die weiße Massai". Wie passend! :-) Endlich kommt sie wieder zur Tür rein - ohne Haare!? Ich befürchte schon, "Oweia, das war's jetzt mit der neuen Frisur." Aber sie läuft geradewegs an mir vorbei nach hinten, in den kleinen Raum, wo wir schon zu Beginn die Haare ausgesucht hatten und kommt mit einem neuen Paket zurück. Ich frage mich, was das jetzt sollte. Vermutlich war sie einfach kurz Mittagessen. Bei dem Gedanken, wie ein deutscher Durchschnittskunde zu Hause wohl auf so eine Aktion reagiert hätte, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Endlich geht es weiter und sie arbeitet sich Zopf um Zopf voran. Neben ihr sitzt eine weitere Frau und reicht ihr die Haare an. Um vier Uhr kommt die erste sms von Simone, wie lange ich denn wohl noch brauche. Die erste Prognose war 5 Uhr, aber aufgrund der Unterbrechung wird das wohl nichts. Wohl neugierig wollen sie aber trotzdem um die Zeit schon mal vorbeischauen. Als die Ersten schließlich auftauchen, fehlt noch der komplette Hinterkopf. Auf die Frage, wie lange es noch dauern wird, kommt die ernüchternde Antwort: 2 Stunden. Ich seufze innerlich. Der Schädel schmerzt von der ganzen Zieherei, der Hintern von der Sitzerei und außerdem muß ich mal. Da mir Simone aber versichert, dass es jetzt schon schön aussieht, bin ich beruhigt und motiviert, den Rest auch noch hinter mich zu bringen. Pünktlichst um sieben Uhr steckt dann die letzte Perle und ich darf mich endlich im Spiegel angucken. Ein zuerst ziemlich fremdes Gesicht guckt mich an, aber dann finde ich es toll. Zum Glück gefällt es Stefan auch. Ist ja ohnehin nur vorübergehend. In zwei bis längstens vier Wochen ist der Spuk vorbei. Dann darf ich mir bzw. er mir, das ganze Zeug wieder aus den Haaren puhlen und die Zöpfe aufribbeln. Das wird ein Spass! Zuletzt hat sie die Raster am Kopf sogar noch mit normaler Strickwolle untereinander festgenäht, damit sie sich nicht abheben und verrutschen. Nach insgesamt sechs Stunden verlasse ich den Salon. Gekostet hat mich das Ganze ganze 30.000 Schilling inklusive Material. Ich bin sprachlos. Für das Geld hätte ich in Deutschland nicht mal das Kunsthaar bekommen.
Nachdem unsere kleine "Reisegruppe" sich wieder vollständig am Landrover eingefunden hat, geht es bei Einbruch der Dunkelheit wieder zurück nach Ndolage, wo wir schließlich völlig erledigt in unsere Betten fallen.

JulijaJulija

 
Kommentare (6)
Tanzania Kenya
6 Wednesday, 12 May 2010 09:05
Mwangi

Ich sehe gerade das war in Tanzania...da ist der Kurs etwas anders...also stimmt meine vorherige Einschätzung nicht so ganz


Haben uns schon gewundert. :-) Aber das erklärt alles.

30.000 Shilling?
5 Wednesday, 12 May 2010 09:03
Mwangi
Das sind ca 300 Euro.
Ein Päckchen der Kunsthaare kosten in Kenya zwischen 60 und 600 Shilling.
Wieviele Päckchen wurden eingesetzt?
Ich nehme an maximal 5, also höchstens 3.000 Shilling.
Auch wenn die Arbeit sehr lange dauert, sind 30.000 Shilling eindeutig zu viel. Für den Preis habe ich bei einem Auto das Getriebe inklusive Material und Arbeitszeit austauschen lassen.

Aber schön sieht es trotzdem aus ;-)
Frisur
4 Saturday, 06 February 2010 19:44
Almira
Na, Du afrikanischer Mzungu, jetzt bist Du aber fesch!!!
Hätte nicht gedacht, dass Du so gut damit aussehen könntest, Kompliment!
Was allerdings bekommt im Gegenzug Stefan? - bitte nur keinen Knochen durch die Nase, ja?
Bussi Euch Beiden Mama
PS: diese Frisur hätte mir in der Karibik sehr geholfen! Ich sah in der feuchten Luft immer aus wie ein -frei nach Jule - "explodierter Klobesen"!
Oje!
3 Wednesday, 27 January 2010 19:28
Gitta
Also Jule, du hast nie besser ausgesehen. Bin mal gespannt wenn sich die ersten Ficher einnisten. Aber dann suchst du dir halt nen Affen zum lausen oder Stefan muss ran. :-)
Aber was mich interessiern würde ist die Frisur jetzt luftiger mit der ganzen Wolle oder juckt es?
Das gehört wohl zu Aufenthalt in Afrika dazu, steht dir aber auch nicht so schlecht.

Liebe Grüße Gitta
Wolle
2 Wednesday, 27 January 2010 15:21
Heidi
jetzt hatse wolle auffm kopf, hihi - sieht aber gut aus! tapfer!
Neue Frisur
1 Monday, 25 January 2010 19:39
Julia

Hallo ihr beiden, na, da hat sich die lange Prozedur doch gelohnt. Und du hast immer gedacht, du hättest dicke Haare... ;-) Also ich finde es schön. Es wird noch lustiger, wenn du die Haare dann aufdröselst. Da wirst du sicher einen "Afro" haben, aber ein schönes Gesicht entstellt ja bekanntlich nichts. Viele herzliche und liebe Grüße aus dem einmal mehr verschneiten Schloß Neuhaus. Julia

Antwort von Stefan:
Ja supergeil, weißte auch wer die Haare wieder aufdröseln darf??? Ganz bestimmt nicht der Frisör. ;-( Aber auf den Afro bin ich gespannt. Die Fotos werden hier genauso veröffentlicht. :-))) hihi. Grüße in das verschneite Schloß Neuhaus!